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Kleines Eichenkarmin - Catocala promissa ([DENIS & SCHIFFERMÜLLER], 1775)
Artenprofil von Hans-Joachim Weigt
Letzte Änderung: 14.08.2012


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Schmetterlinge (Lepidoptera)
Familie: Eulenfalter (Noctuidae)
Unterfamilie:Ordensbänder (Catocalinae)

Fotos (© Hans-Joachim Weigt)
Hengsteysee (Dortmund, mittleres Ruhrtal)


(xxl-Foto)
Weibchen

(xxl-Foto)
Männchen

(xxl-Foto)
Männchen
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen

Catocala promissa ist deutlich kleiner als die anderen in NRW vorkommenden Ordensbänder. Typisch für alle Ordensbandarten ist, dass männliche und weibliche Imagines sich in Bezug auf Färbung und Flügelzeichnung nicht unterscheiden - dies trifft auch hier zu. Beim Kleinen Eichenkarmin sind die Vorderflügel hellgrau mit schwarzgrauer, scharf gezackter Wellenlinienzeichnung gezeichnet, die basal vom Mittelfeld eine auffällige dunkle Binde bildet. Der Vorderrand und der Raum zwischen der äußeren Mittelfeldbegrenzung und der fast weißen, gezackten Außenlinie weisen eine mehr oder weniger starke dunkle Fleckung auf. Die Flügelfransen sind hell- und dunkelgrau gescheckt und typisch gewellt.



Gut erkennbar - die leuchtend karminroten Hinterflügel (Foto: Hans-Joachim Weigt)

Die Hinterflügel sind leuchtend karminrot. Mittelbinde und breiter Außenrand sind tiefschwarz, die Fransen weißlich, grau gemustert. Unterseits sind die Vorderflügel dunkelgrau mit weißen Diagonalbändern. Die Unterseite der Hinterflügel ähnelt der Oberseite, jedoch ist das Rot etwas blasser und das Mittelfeld bis zur Flügelmitte weiß. Der Vorderkörper ist so grau wie der Vorderflügel. Beim ruhenden Falter ist deutlich die Verbindung der Zeichnungsmuster der Vorderflügel auf dem Thorax zu erkennen.

Flügelspannweite: Weibliche und männliche Falter sind in etwa gleich groß. Sie erreichen eine Flügelspannweite zwischen 55 und 60 mm.

Ei: Das stark gerippte Ei ist gewölbt und mit ca. 1,3 mm Durchmesser nahezu rund. Dabei ist es jedoch ziemlich flach und nur etwa 0,6 mm hoch. Vor der Überwinterung ist es graugrün, vor dem Schlüpfen der Raupen im zeitigen Frühjahr mehr dunkelbraun, also gut an die Eichenrinde angepasst.


Raupe: Wenn man sich einmal mit Ordensbändern beschäftigt hat, weiß man, dass alle Raupen eine sehr ähnliche Lebensweise haben und dadurch auch ähnlich aussehen.
Die Raupen des Kleinen Eichenkarmins sind in den ersten drei Larvalstadien graugrün und dunkelbraun quer gebändert.



Raupe von Catocala promissa im L3-Larvenstadium kurz nach der Häutung (Zuchtfoto: H.-J. Weigt)

Die Haut ist glatt. Mit der zweiten Häutung ändert sich das Aussehen allerdings grundlegend: Sie sind nun graubraun wie der Eichenzweig und mehr oder weniger stark gemustert, wobei bei den meisten Tieren ein gezacktes Lateralband auffällt. Es bildet rechte Winkel und berührt mit seinen Spitzen die braunen Stigmen. Es kommen gelegentlich auch bleichgrüne Raupen vor, die ein unruhiges Fleckenmuster tragen und so den Baumflechten unglaublich ähnlich sehen.



Ausgewachsene Raupe von Catocala promissa - unten ein besonders zeichnungsreiches Exemplar (Zuchtfotos: H.-J. Weigt, xxl-Foto)

Hinzu kommt, dass die vielen Punktwarzen zu Höckern und Spitzen umgebildet sind, was die Raupe "optisch zerreisst". Sie ist nur mit Mühe zu entdecken. Auf dem 8. Segment befindet sich lateral ein dunkler Fleck, der mit einem keinen Höcker auf der Dorsalseite verbunden ist. Ein weiterer kleiner Höcker befindet sich auf dem Analsegment.

Der Kopf ist sehr auffällig gezeichnet (siehe Bild rechts).



Kopf der ausgewachsene Raupe von Catocala promissa (Zuchtfoto: H.-J. Weigt, xxl-Foto)



Seitenansicht der ausgewachsene Raupe von Catocala promissa (Zuchtfoto: H.-J. Weigt, xxl-Foto)

Ventralwärts sind die Seiten auffallend beborstet, was der Anpassung an den Zweig dient. Wie bei allen Ordensbändern ist auch diese Raupe 16-füßig. Die Bauchfüße der Semente 6 und 7 sind jedoch deutlich kleiner. Ausgewachsene Raupen werden bis zu 60 mm lang.

Puppe: Die sehr schlanke, etwa 2,5 cm lange Puppe ist dunkelbraun und intensiv blau bepudert. Sie ist ausgesprochen lebhaft.



Die dem Gespinst entnommenen Puppen des Kleinen Eichenkarmin - links männlich, rechts weiblich (Foto: Hans-Joachim Weigt)

Verwechslungsarten: Das Kleine Eichenkarmin ist kleiner als ähnliche Arten jedoch kann es besonders mit kleinen Exemplaren des Großen Eichenkarmins (Catocala sponsa) verwechselt werden. Normalerweise ist das Große Eichenkarmin mit einer Spannweite von 60 bis 70 mm allerdings deutlich größer.

Lebensraum



Lebensraum und gleichzeitig Fundort der gezeigten Tiere im Sommeraspekt 2012 (Foto: Hans-Joachim Weigt, xxl-Foto)

Das Kleine Eichenkarmin ist eine sehr wärmebedürftige Art, die nur an wenigen, in der Regel xerothermen Orten vorkommt. Hier besiedelt sie vor allem einzelne Eichen, oft in Krüppel- oder Gebüschform auf wärmespeichernden Gesteinen. Ihr Vorkommen an Felsformationen des mittleren Ruhrtals ist eine kleine Sensation. Der recht warme Lebensraum ist typisch und wird von Mauereidechsen bewohnt, die so weit nördlich eigentlich gar nicht mehr vorkommen dürften. Möglicherweise spielt die Klimaerwärmung eine Rolle. Zuvor gab es vor Jahren nur einen Faltertotfund bei Hattingen in einem sehr ähnlichen Habitat. In anderen Landesteilen NRWs wie z. B. der Eifel, dem Bergischen Land und dem Rheintal wird promissa an warmen Orten gelegentlich beobachtet.

Biologie und Lebensweise
Auch diese Ordensbandart ist aufgrund ihrer Wärmeansprüche eine Seltenheit im Lande, und auch in anderen Gegenden Mitteleuropas tritt sie nur vereinzelt in schwachen Populationen auf. Das zeigt deutlich, dass ihr eigentlicher Lebensraum im submediterranen und mediterranen Raum liegt.
Die Imagines sind nachtaktiv. Am Tage ruhen sie an Baumstämmen, meist in größeren Rindenspalten. Sie sind wie alle Ordensbandarten flüchtig und scheu. Ihre Flugzeit beginnt deutlich früher als bei anderen Catocalen. Ihre Ernährung wird von den vielen Blüten zur Flugzeit bestimmt. Allerdings bevorzugen auch sie ausfließende Baumsäfte, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Durch Lichtquellen werden die Tiere nur wenig beeinflusst. Catocala promissa lebt nicht so lange wie andere Ordensbänder. In etwa zwei Wochen hat das Weibchen die Eier abgelegt. Diese werden dabei tief in Rindenritzen platziert.



Frontalansicht eines weiblichen Falters von Catocala promissa (Zuchtfoto: H.-J. Weigt)

Die überwinternden Eier entlassen die Raupen erst dann, wenn sich die ersten Eichenknospen öffnen. Da das in unserer nordwestlich-atlantischen Klimazone oft sehr spät geschieht, fehlt der Art meist die Lebensgrundlage. Die ausschlüpfenden Raupen sind recht lebhaft und schnell. Das ist sinnvoll, weil sie einen weiten Weg von Eiablageplatz an der Rinde bis zu den ersten Blättern zurücklegen müssen. Sie sind nachtaktiv und ruhen am Tage lang ausgestreckt an Eichen-zweigen. Durch die seitliche Beborstung schmiegen sie sich an die Zweige so geschickt an, das es schon ein geübtes Auge braucht, um sie zu entdecken. Nahrung nehmen sie nur nachts auf.
Die Puppe ruht zwischen Blättern am Zweig, die Raupen gehen also nicht wie die anderer Eulenarten in den Boden. Die Puppenzeit ist mit 6 bis 8 Wochen recht kurz.

Erscheinungszeiten: Die Imagines fliegen von Ende Juni bis Mitte August. Das überwinternde Ei liegt von Juli an bis in den April des Folgejahres. Die Raupen schlüpfen immer erst mit dem ersten Eichenaustrieb, meist im April. aber auch noch bis Anfang Mai. Die Puppe findet man von Mitte Juni bis Ende Juli, abhängig vom Klimaverlauf.

Nahrung
Junge Blätter und Blüten von Stiel- und Traubeneichen (Quercus robur und Quercus petraea) werden als Nahrung ausgewählt.

Verbreitung in D/Welt
Die Art kommt in Deutschland nur noch an wenigen Orten vor. Nach Süd- und Südosten hin wird sie immer häufiger. Im mediterranen Raum bewohnt sie die Garrigues mit ihren buschigen Steineichen (Quercus ilex) zusammen mit vielen anderen, meist gelbflügeligen Ordensbandarten.

Verbreitung in NRW
Laut ROTER LISTE (2011) gilt das Kleine Eichenkarmin in NRW als hochgradig gefährdet. Es wurde deshalb in die Kategorie 1 (= vom Aussterben bedroht) eingestuft. Man findet es auch heute noch in den Regionen Eifel, Siebengebirge, Bergisches Land und Weserbergland. Nun kommt auch noch der Ballungsraum Ruhrgebiet hinzu. Die nächsten Jahre werden es zeigen, ob die Art bedingt durch den Klimawandel hier wieder häufiger beobachtet werden kann.

Weiterführende Literatur
Arbeitsgemeinschaft der rheinisch-westfälischen Entomologen Rote Liste der gefährdeten Schmetterlinge (Lepidoptera) in Nordrhein-Westfalen - Schriftenreihe (elektronisch) der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten Recklinghausen. LANUV-Fachbericht 36. Band 2 - 239 - 332, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Recklinghausen.

DÖRING, E. (1955): Zur Morphologie der Schmetterlingseier. - Berlin (Akademie-Verlag).

EBERT, G. -HERAUSGEBER- (1998): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs, Band 7 - Nachtfalter 5 - Stuttgart (Ulmer)

FORSTER, W. & WOHLFAHRT, Th. A. (1971): Die Schmetterlinge Mitteleuropas, Band IV, Eulen (Noctuidae) - Stuttgart (Franckh).

HOCK, W., KINKLER, H., LECHNER, R. et. Al (1997): Praxishandbuch Schmetterlingsschutz - LÖBF_Reihe Artenschutz, Band 1, Landesanstalt für Ökologie, Recklinghausen

KARSHOLT,O. & RAZOWSKI, J. (1996): The Lepidoptera of Europe. A Distributional Checklist - Stenstrup Danmark (Apollo Books)

KOCH, M. (1984): Wir bestimmen Schmetterlinge, Melsungen (Neumann).

LERAUT, P. (1980): Liste systematique et synonymique des Lepidopteres de France, Belgique et Corse. - Alexanpr, Paris.

NIPPE, B. (2000): Atlas der Raupen europäischer und kleinasiatischer Schmetterlinge- München

NOVAK, I. & SEVERA; F. (1992): Der Kosmos-Schmetterlingsführer- Stuttgart (Franckh)

SEITZ, A. (1913): Die Großschmetterlinge der Erde, I. Abteilung: Die Großschmetterlinge des Palaearctischen Faunengebietes, III. Band: Die eulenartigen Nachtfalter. - Stuttgart.


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Weitere Informationen zu Schmetterlingen (Lepidoptera) im Internet

Portal für Schmetterlinge und Raupen (Walter Schön): über 9000 Fotos, mehr als 850 Artenportraits, Bestimmungshilfen, Infos, Kontakte, Links (Stand 03/2012)

Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V.: Infos, Kontakte, Links

Moths and Butterflies of Europe and North Africa: Diese italienische Seite in englischer Sprache zeigt jede Menge Fotos zu den Tag- und Nachtfaltern Europas.


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