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Gelbbauchunke, Bergunke - Bombina variegata (LINNAEUS, 1758)
Artenprofil von Axel Steiner


Systematische Einordnung

Stamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Klasse: Lurche (Amphibien)
Ordnung: Froschlurche (Anura)
Familie: Unken (Bombinatoridae)

Fotos (© Andreas Koch)
Stolberg-Schevenhütte


(xxl-Foto)
08.08.2010

(xxl-Foto)
26.07.2009

(xxl-Foto)
15.08.2010
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich

(xxl-Foto)
17.08.2010

(xxl-Foto)
09.08.2010

(xxl-Foto)
02.06.2007
Besondere Merkmale



Gelbbauchunke (© Frank Herhaus, xxl-Foto)

Bestimmungsmerkmale:
Runde, herzförmige oder dreieckige Pupillen; gelbe (manchmal auch orangene) Unterseite mit dunkelgrauen/schwarzen Flecken; krötenähnlich aber deutlich kleiner und abgeflacht; Oberseite lehmgrau bis olivgrün gefärbt mit zahlreichen rauen Warzen bestückt; Warzen mit winzigen schwarzen Hornstacheln; Trommelfell nicht sichtbar; Füße mit ausgeprägten Schwimmhäuten, die bis an die Zehenspitzen reichen; weit seitlich ansetzende Beine; scheibenförmige Zunge

Körperlänge ausgewachsener Exemplare: 3-5 cm

Anmerkung:
Das charakteristische und namensgebende Bestimmungsmerkmal schlechthin ist die gelb gefärbte mit schwarzen Flecken versehene Bauchunterseite der Tiere. Diese Färbung der Unterseiten ist individuell verschieden, so dass es - ähnlich dem menschlichen Fingerabdruck - möglich ist die einzelnen Tiere zu unterscheiden und eindeutig zuzuordnen. Auch über die Jahre verändert sich diese Musterung kaum. Auf diese Weise kann man u. a. wichtige Informationen über den Tagesablauf, den Bewegungsradius und das Alter der Tiere erfahren. Andreas Koch hat sich für Kartierungszwecke in Stolberg eine eigene Apparatur gebaut (Foto im Abschnitt Biologie), die es ermöglicht Gelbbauchunken ohne großen Stress auch von der Unterseite zu fotografieren. Die Tiere werden dabei in eine Dose mit Glasboden gesetzt und von einem feuchten Schwamm sanft mit dem Bauch an die Glasplatte gedrückt. Dann können die Tiere durch den Glasboden fotografiert werden. Das Ergebnis kann man sich eindrucksvoll anhand der folgenden Collage ansehen:



Charakteristische Körperunterseiten der Gelbbauchunke (Foto © Andreas Koch)

Rufe: Melodischer Paarungsruf ("uuh...uuh") mit hoher Ruffrequenz (bei 16° C Wassertemperatur durchschnittlich 60-mal pro Minute)
Die glockenartigen Chorrufe der Männchen locken die paarungsbereiten Weibchen an. Die Tiere rufen häufiger nachts, aber auch am Tage. Es kann zu Verwechslungen der Rufe mit denen der Geburtshelferkröte kommen.

   

Gelbbauchunken in verschiedenen Altersklassen (© Andreas Koch, xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

Männchen: während der Paarungszeit mit dunklen Brunstschwielen an den Unterarmen, Fingern und oft auch an den Zehen; keine Schallblasen!

Weibchen: ohne Brunftschwielen

Jungtiere: Frisch metamorphisierte Jungtiere haben eine Größe von 1,2-1,6 cm und ebenfalls keine Brunftschwielen.

    

Jungtiere der Gelbbauchunke (Foto © Andreas Koch)

Kaulquappen/Larven:

   

Kaulquappe der Gelbbauchunke (© Andreas Koch, xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

Die bräunlich gefärbten Larven schlüpfen bereits 2-3 (-8) Tage nach der Eiablage. Larven mit niedrigen, am Körper weit hinten ansetzenden Schwanzsäumen und kräftigen Flecken.

Eier/Laich: Die in kleineren Laichklümpchen portionierten 10-30 Eier werden an Pflanzenteilen, wie z. B. Grashalmen, angeheftet. Insgesamt können die Weibchen 100-250 Eier ablegen. Jedes Ei hat eine Größe von ca. 2 mm, die Eihülle ca. 7 mm. Die Oberseite ist braun, die Unterseite etwas heller.



Laich der Gelbbauchunke (© Andreas Koch, xxl-Foto)

Ähnliche Arten:

Die ähnliche Rotbauchunke (Bombina bombina) kommt in NRW nicht vor! Diese hat im Gegensatz zur Gelbbauchunke einen rötlichen statt gelben Bauch und in den schwarzen Flecken (über 50 % der Unterseite dunkel) befinden sich zahlreiche weiße Punkte. Ferner haben Rotbauchunken dunkelgefärbte Finger- und Zehenspitzen.

Andere heimische Krötenarten sind alle deutlich größer, haben keinen gelb-schwarz gemusterten Bauch und keine herzförmigen Pupillen. Eine Übersicht einiger Krötenarten können Sie der folgenden Vergleichstabelle entnehmen (ein Klick führt zum jeweiligen Artenprofil!):


Geburtshelferkröte
(Alytes obstetricans)


Erdkröte
(Bufo bufo)


Kreuzkröte
(Bufo calamita)


Wechselkröte
(Bombina viridis)


Lebensraum



Wassergefüllte Fahrspuren - typisches Biotop der Gelbbauchunke (© Andreas Koch, xxl-Foto)

Die Gelbbauchunke bevorzugt als typische Pionierart sonnige und pflanzenarme Laichgewässer. Die meisten Fundortmeldungen in NRW stammen von lehmig-trüben Kleinstgewässern, wie sie z. B. Fahrspuren darstellen. Wildschweinsuhlen, Kiesgruben, Steinbrüche, Standortübungsplätze, Gräben, Tümpel oder andere temporäre (= trocknen zeitweise aus) Kleinstgewässern auf tiefgreifend lehmig-tonigen Böden (Lößböden) in Höhenlagen von 100-300 m kommen ebenfalls als Laichbiotope in Frage. Die Gefahr des vorzeitigen Austrocknens und damit verbunden auch das Absterben aller Kaulquappen wird in diesen Kleinstgewässern durch den Vorteil des Fehlens von Fressfeinden, wie Fischen und größeren Libellenlarven wieder wettgemacht. Fließende Gewässer werden weitgehend gemieden.
Ursprünglich haben Gelbbauchunken auch temporäre Gewässer in natürlichen Flußauen besiedelt. In vielen Fällen wird den Flussläufen heutzutage vom Menschen leider der Spielraum für die Bildung von Neben-/Totarmen genommen.
An Land verstecken sich die Unken z. B. unter Steinen oder Totholz in strukturreichen offenen Biotopen oder im Wald.

Biologie und Lebensweise
Gelbbauchunken kann man oft beobachten, während sie mit ausgestreckten Beimen im "Wasser hängend" herumtreiben.

   

Im Wasser treibende Gelbbauchunken (Fotos © Frank Herhaus (links), Andreas Koch (rechts), xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

Da die Bestände der Gelbbauchunke stark gefährdet sind müssen die wenigen noch intakten Populationen streng geschützt werden. Zusätzlich müssen die Bestände erfasst und erforscht werden um Datengrundlagen für erforderliche Naturschutzmaßnahmen zu schaffen. Zutritt zu den Laichgewässern haben in der Regel nur offiziell genehmigte Kartierer. Die Aufnahmen auf dieser Seite sind während solcher genehmigter Kartierungsarbeiten im Raum Stolberg bei Aachen entstanden.

   

Kartierungsarbeiten - Fotografieren der charakteristischen Unterseite (© Andreas Koch, xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

In Gefahrensituationen können Gelbbauchunken die sogenannte "Kahnstellung" einnehmen. Man spricht auch von "Unkenreflex". Dabei wird der Rücken durchgebogen, die Beine nach oben gestreckt und ein Teil der abschreckenden Bauchfärbung sichtbar. Auf diese Weise wollen die Tiere verhindern, dass mögliche Fressfeinde die Giftigkeit ihrer Hautsekrete erst zu spät - nämlich nach der Mahlzeit - erkennen.

   

Gelbbauchunke in Kahnstellung (© Andreas Koch, xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

Wird die Unke auf den Rücken gedreht, kann man gut die Färbung der Gefahr signalisierenden Unterseite erkennen. Gelbbauchunken verfügen tatsächlich über ein wirkungsvolles Hautgift, dass auch die Schleimhäute des Menschen reizen kann und Ekelreaktionen hervorruft. Fressfeinde würgen Tiere dann noch vor dem Verschlucken wieder hervor und merken sich die unliebsame Begegnung.

   

Gelbbauchunken-Unterseiten (Fotos: © Andreas Koch (links), xxl-Foto 1, Frank Herhaus (rechts) xxl-Foto 2)

Im Alter von 2 Jahren werden Gelbbauchunken geschlechtsreif. Während der Fortpflanzungszeit sind sie tag- und nachtaktiv. Der Laich wird strategisch auf verschiedene Kleinstgewässer, die bis zu 1 km voneinander entfernt sein können, verteilt. Somit steigt die Wahrscheinlichkeit, das wenigstens einige dieser Gewässer nicht vorzeitig austrocknen und einige Kaulquappen ihre Entwicklung abschließen können. Um das Risiko noch weiter zu reduzieren reicht die Fortpflanzungszeit von Ende April bis in den August (= Langzeitlaicher). So können Ausfälle in kurzen Trockenzeiten evtl. noch ausgeglichen werden. Weil in einem Kleinstgewässer nie größere Mengen Laich abgegeben werden ist auch die Nahrungskonkurrenz zwischen den Larven nicht so groß.

   

Vom Austrocknen bedrohte Gelbbauchunken-Larven (Fotos: © Andreas Koch xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

Bei der Eiablage wird das Weibchen vom Männchen in der Lendengegend umklammert. Das Männchen besamt im Wasser die vom Weibchen abgegebenen Eier.



2 adulte Gelbbauchunken (© Andreas Koch, xxl-Foto)

Die gesamte Entwicklungszeit bis zur Metamorphose beträgt 5-10 Wochen. Hohe Wassertemperaturen (18-27° C) und gute Nahrungsangebote beschleunigen die Entwicklung stark. Die Larven halten sogar Wassertemperaturen bis 36° C aus.



Gelbbauchunken-Larven (© Andreas Koch, xxl-Foto)

Zu den natürlichen Feinden der Gelbbauchunken gehören im Larvenstadium u. a. Wasserwanzen, Wasserkäfer, Libellenlarven und Molche. Feinde der erwachsenen Exemplare sind verschiedene Vogel- und Säugetierarten. Aufgrund des giftigen Hautsekrets dieser Unkenart handelt es sich allerdings vermutlich nicht gerade um schmackhafte und bekömmliche Beute.
Gelbbauchunken können das hohe Alter von ca. 15 Jahren erreichen, so dass Populationen auch einige trockene Jahrgänge ohne Nachkommenschaft verkraften können. Sie sind auch "gut zu Fuß", so dass selbständig neu entstandene und geeignete Gewässer gefunden und besiedelt werden können. In der Literatur liegen Berichte vor, dass es zu Neubesiedelungen von Steinbrüchen kam, die in 2,4 km Enfernung von stabilen Populationen lagen.
Die Tiere überwintern in der Nähe ihrer Gewässer an Land.

Nahrung
Zur typischen Nahrung der Gelbbauchunken gehören im Wasser u. a. Wasserläufer, Mückenlarven und Bachflohkrebse und an Land u. a. Käfer, Ameisen, Schmetterlingsraupen, Spinnen, Schnecken, und Würmer.

Verbreitung in D/Welt
englischer Name: Yellow-bellied Toad




Adulte und juvenile Gelbbauchunke (Foto © Andreas Koch)

Gelbbauchunken sind im Süden und Westen Deutschlands insbesondere in Höhenlagen zwischen 300 und 800 m ü NN verbreitet. In der Norddeutschen Tiefebene und im größten Teil Ostdeutschlands fehlt die Art hingegen. Mit Ausnahme der iberischen Halbinsel im größten Teil Mittel- und Südeuropas von Frankreich bis Griechenland verbreitet. An der östlichen Verbreitungsgrenze kommt es zur Hybridbildung mit den eher im Tiefland vorkommenden Rotbauchunken. Man unterscheidet mehrere Unterarten. Die in Deutschland anzutreffende Unterart heißt Bombina variegata variegata.

Die Populationen der Gelbbauchunken leiden stark unter dem Lebensraumverlust durch Trockenlegung von Feuchtgebieten, Zerstörung von Kleinstgewässern oder die Begradigung von Fließgewässern. Oft stammen die typischen Gelbbauchunken-Laichgewässer aus Menschenhand (wie Baggerlöcher, Fahrspuren) und sehen leider nicht besonders schützenswert aus...

Eine noch kaum untersuchte Gefahr, die viele Amphibienarten weltweit betrifft, breitet sich offensichtlich auch in Deutschland vielerorts aus. Es handelt sich um den Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatidis). Dieser bewirkt eine Veränderung der für Amphibien auch für Atmungszwecke so wichtigen Haut. Diese wird milchig und stumpf, befallene Tiere werden lethargisch, fressen nicht mehr, halten sich sehr lange im Wasser auf und häuten sich viel öfter als gesunde Exemplare. Wenn die Krankheit erst einmal ausgebrochen ist spricht man von Chytridiomykose. Das folgende Foto zeigt ein vermutlich betroffenes Tier. Weitere Informationen und Bilder können Sie hier auf einer gesonderten Chytridpilz-Seite entnehmen.



Eine sich häutende Gelbbauchunke (evtl. Chytridpilz-Befall!?) (© Andreas Koch, xxl-Foto)

Verbreitung in NRW
Die nördliche Verbreitungsgrenze der hauptsächlich im Mittelgebirge verbreiteten Gelbbauchunke verläuft durch NRW. Ihre Bestände sind stark bedroht und sie ist in großen Teilen NRW's bereits ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. Lediglich ca. 60 Populationen sind in NRW noch bekannt. Diese traurige Entwicklung kann auch anhand der Roten Liste der bedrohten Tierarten NRW's (1999), in der die Gelbbauchunke mit dem RL-Status 1 = vom Aussterben bedroht verzeichnet ist, abgelesen werden.

Die Verbreitungskarte der Gelbbauchunke bei der Herpetofauna NRW zeigt die bisherigen Fundpunkte dieser Art in NRW.

Benutzte Literatur
ARNOLD, E. N. & J. A. BURTON (1978): Pareys Reptilien- und Amphibienführer Europas. Verlag Paul Parey, Berlin. 270 S.

DIESENER, G. & J. REICHHOLF (1986): Lurche und Kriechtiere - Mosaik Verlag GmbH, München. 287 S.

GLANDT, D. (2008): Heimische Amphibien. Bestimmen - Beobachten - Schützen. AULA-Verlag, Wiebelsheim. 178 S.

GLANDT, D. (2010): Taschenlexikon der Amphibien und Reptilien Europas. Alle Arten von den Kanarischen Inseln bis zum Ural. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim. 633 S.

JEDICKE, E. (1992): Die Amphibien Hessens - Ulmer, Stuttgart. 152 S.

KWET, A. (2010): Reptilien und Amphibien Europas - 190 Arten mit Verbreitungskarten. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart. 253 S.

LANTERMANN, Y. & W. (2010): Kröten, Echsen, Salamander - Amphibien und Reptilien beobachten und schützen. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart; 96 S.

MEYER, A.; S. ZUMBACH; B. SCHMIDT & J.-C. MONNEY (2009): Auf Schlangenspuren und Krötenpfaden. Amphibien und Reptilien der Schweiz. Haupt Verlag, Bern. 336 S.

SCHLÜPMANN, M. (2002): Zusammenfassung eines Vortrages vor der 26. Jahrestagung (19.03.2002) der Arbeitsgemeinschaft für biologisch-ökologische Landeserforschung e. V. in Münster: Ist die Gelbbauchunke (Bombina variegata) in Nordrhein-Westfalen noch zu retten? Zur Situation und Biologie einer Amphibienart am Rand ihrer Verbreitung. pdf-download

SCHLÜPMANN, M. & B. KÖNIGS, B. (2006): Die Gelbbauchunke. Pionier auf dem Rückzug. - Naturschutz in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 17 (1): 18 pdf-download


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Weitere Informationen zu Kriechtieren (Amphibien und Reptilien) im Internet

NABU Amphibien- und Reptilienschutz

Herpetofauna NRW: Gelbbauchunke


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