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Pseudoskorpione (Pseudoscorpiones)
Dieser Artikel findet sich mit weiteren Fotos auch auf der Internetseite vom Terrazoo Rheinberg!
Bericht von Patrick Appelhans


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Spinnentiere (Arachnida)
Ordnung: Pseudoskorpione (Pseudoscorpiones)

Fotos (© Patrick Appelhans (1-3), Axel Steiner (4-6))

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Neobisium carcinoides

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Chthonius tetrachelatus

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Chernes hahnii-Pärchen
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich

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Neobisium sp.

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Neobisium sp.

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Neobisium sp.
Allgemeines

Die Pseudoskorpione, die umgangssprachlich auch als Moos-, Bücher- oder Afterskorpione bekannt sind, stellen mit ca. 3100 Arten in 24 Familien weltweit die viertgrößte Ordnung der Arachnida (Spinnentiere); die Mehrzahl lebt in den Tropen. In Deutschland kommen 49 Arten vor, die sich auf acht Familien und 20 Gattungen verteilen.

Es handelt sich um durchschnittlich 1,5 bis 5 mm große, flach gebaute Tiere, die einem Skorpion ohne "Giftschwanz" ähneln. Trotz dieser Ähnlichkeit sind die nächsten Verwandten der Pseudoskorpione nicht die Skorpione, sondern die Solifugae (Walzenspinnen). Pseudoskorpione besitzen einen in Pro- (Vorderkörper) und Opisthosoma (Hinterleib) getrennten Körper; das deutlich gegliederte Opisthosoma sitzt in voller Breite dem Prosoma an. Auf der Ober- und Unterseite trägt es Cuticulaplatten, die Tergite (Rückenplatten) bzw. Sternite (Bauchplatten). Zwischen den Tergiten und Sterniten befinden sich weichere, sehr dehnbare Bereiche, die Pleural- (seitlich) und Intersegmentalhäute. Diese ermöglichen den Tieren die Aufnahme (in Relation zur Körpergröße) großer Nahrungsmengen. Das Prosoma trägt bis zu zwei Augenpaare, die jedoch auch fehlen können. Alle Gliedmaßen (Chelizeren, Pedipalpen, Laufbeine) setzen am Prosoma an.

Die Chelizeren bilden, ebenso wie die Chelae (Hände) der Pedipalpen, zweigliedrige Scheren, die je einen beweglichen und einen unbeweglichen Finger besitzen. Die Chelizeren sind waagerecht nach vorn gerichtet und sitzen am Vorderrand des Prosomas; sie sind sehr beweglich und dienen dem Festhalten der Beute sowie der Reinigung der Gliedmaßen. Zusätzlich besitzen sie im beweglichen Finger eine Spinndrüse, die auf einem Fortsatz, der Galea, ausmündet. Die großen Pedipalpen (Kiefertaster) tragen an ihrem Ende eine Scherenhand (Chela); an der Spitze eines, seltener beider Finger, mündet eine Giftdrüse aus. Eine Ausnahme stellen die Chthoniidae dar, die keine Giftdrüsen besitzen. Pseudoskorpione findet man in der Bodenstreu, unter Steinen oder Baumrinden, wo sie sich räuberisch von anderen kleinen Tieren, meist Arthropoden, ernähren. Diese werden mit den Palpenscheren ergriffen und zu den Chelizeren geführt; Arten mit Giftdrüsen halten das Beutetier fest, bis es bewegungsunfähig ist, bevor sie mit dem Fressen beginnen. Die Nahrung wird außerhalb des Körpers verflüssigt. Mit Ausnahme der Chthoniidae und Neobisiidae, die das Beutetier mit den Chelizeren kneten, saugen die Tiere ihre Beute ohne mechanische Bearbeitung aus.

Lebensräume

Pseudoskorpione lassen sich bezüglich ihrer bevorzugten Lebensräume in drei Gruppen teilen: Bodenbewohner, Rindenbewohner und Formen, die sowohl unter Rinde als auch am Boden zu finden sind. Der überwiegende Teil der Arten bevorzugt Mikrohabitate mit hoher Luftfeuchtigkeit (z. B. Neobisium carcinoides ca. 85-90 %); manche ertragen niedrigere Werte (z. B. Dactylochelifer latreillei, Cheiridium museorum, Chernes hahnii ca. 65-75 %). Andere besiedeln spezielle Habitate. So lebt z. B. Neobisium maritimum im Spülsaum von Meeresküsten; Dinocheirus panzeri lebt häufig in Vogel- oder Säugetiernestern. Lasiochernes pilosus wird ausschließlich in Maulwurfs- und Schermausnestern gefunden und der Bücherskorpion, Cheiridium museorum, lebt synanthrop in Häusern. Einige Arten werden mehr oder weniger regelmäßig an anderen Tieren, z. B. an Fliegenbeinen oder in Säugetierfell, gefunden. Einige Autoren vermuten, dass diese Phoresie genannte Verhaltensweise zur Erweiterung des Verbreitungsgebiets beiträgt.

Biologie und Lebensweise

Aufgrund ihrer Verbreitung in zahlreichen Habitaten sind Pseudoskorpione relativ leicht zu finden; man findet sie jedoch nicht kontinuierlich während des gesamten Jahres, da sich die Tiere zur Häutung, Eiablage sowie Überwinterung in Nester, die mit den Spinndrüse in den Cheliceren unter Baumrinde, Steinen oder im Boden gebaut werden, zurückziehen. Man kann mehrere Nester nebeneinander finden; bei einigen Arten können sich auch mehrere Tiere ein Nest teilen.
Pseudoskorpione übertragen ihre Spermien indirekt über eine Spermatophore, die bei einigen Arten im Verlaufe eines sogenannten Paarungstanzes vom Männchen abgesetzt wird. In den meisten hierauf untersuchten Familien findet das Absetzen der Spermatophore jedoch in Abwesenheit des Weibchens oder zumindest ohne vorausgehenden Paarungstanz statt. Paarungstänze treten nur bei Arten der Überfamilie Cheliferoidea auf, zu der u. a. die Chernetidae und Cheliferidae gehören.

Pseudoskorpionweibchen betreiben eine Brutpflege, bei der die Embryonen in einem Brutbeutel, der an der Geschlechtsöffnung befestigt ist, unter dem Opisthosoma getragen werden. Die Embryonen machen drei Entwicklungsstadien durch und werden mit einem Nährsekret, das vom Weibchen in den Beutel abgegeben wird, ernährt. Sie nehmen diese Flüssigkeit über ein embryonales Pumporgan auf, dass sich vor dem Schlupf der Protonymphen (1. Nymphenstadium) zurückbildet. Diese entwickeln sich über zwei weitere Stadien, die Deuto- und die Tritonymphe, zu Adulti.

Bestimmung von Pseudoskorpionen



Geschlechtsöffnungen bei Chthonius tetrachelatus (links Weibchen, rechts Männchen - Fotos: © Patrick Appelhans)


Das Geschlecht ist mit bloßem Auge schwer zu identifizieren. Die Männchen sind in der Regel kleiner und zierlicher als die Weibchen; ihre Genitalregion ist stärker sklerotisiert, was sich in einer dunkleren Färbung dieses Bereichs bemerkbar macht. Mit einer Lupe (ab 10x Vergrößerung), besser mit einem Stereomikroskop, ist die Geschlechtsbestimmung bei einigen Arten (insbesondere Chthonius spp.) jedoch relativ leicht möglich.

Die Artbestimmung bleibt dem Spezialisten vorbehalten; hiervon gibt es weltweit jedoch nur eine Hand voll. Eine Bestimmung ist für den Laien jedoch zumindest bis auf Ebene der Familie möglich (nach SCHAEFER 1994):

  • Sind die Tergite halbiert und das Tier besitzt hiervon 10 Stück (oder 11, ist dann aber höchstens 1,1 mm lang), so gehört es zu den Cheiridiidae; bei 10 Tergiten handelt es sich um Cheiridium museorum, der häufig in Häusern angetroffen wird. Apocheiridium ferum trägt 11 Tergite.


  • Besitzt das Tier 11 Tergite, ist größer als 1,1 mm und trägt 2 Augenpaare, so handelt es sich um einen Vertreter der Cheliferidae (in Deutschland 4 Arten). Ist das Tier augenlos, gehört es zu den Chernetidae, von denen in Deutschland 16 Arten vorkommen.


  • Sind die Tergite ungeteilt und das Prosoma ist am Vorderrand breiter als am Hinterrand, haben wir eine der 13 Arten der Chthoniidae vor uns. Sind Vorder- und Hinterrand gleich breit, so handelt es sich um einen Vertreter der Neobisiidae.
  • Zur Lebenserwartung von Pseudoskorpionen gibt es praktisch keine Untersuchungen; in Gefangenschaft können manche Arten jedoch zwei bis drei Jahre alt werden.

    Weiterführende Literatur

    APPELHANS, P. (2006): Pseudoskorpione-Heimische Exoten. Arthropoda 13 (4): 16-25

    APPELHANS, P. (2008): Skorpione ohne Schwanz oder Ameisen mit Hörnern? Arachne (im Druck)

    KUNZ, K. (2002): Pseudoskorpione in der Natur und im Kleinstterrarium. DRACO 9: 74-80

    LEGG, G., JONES, R. E. (1988): Pseudoscorpions (Arthropoda: Arachnida). Key and notes for the identification of the species. Synopses of the British fauna 40; Brill/Backhuys Leiden, New York

    MORITZ, M. (1993): Pseudoscorpiones. in: KÄSTNER, A.: Lehrbuch der Speziellen Zoologie I, (4). 4., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Gustav Fischer Verlag Jena 1993

    RESSL, F., BEIER, M. (1958): Zur Ökologie, Biologie und Phänologie der heimischen Pseudoskorpione. Zool. Jb. Syst. 86: 1-26

    SCHAEFER, M. (1994): Pseudoskorpionida. In : Brohmer- Fauna von Deutschland. 19., überarbeitete Auflage. Quelle & Meyer Verlag Heidelberg

    WEYGOLDT, P. (1966a): Moos- und Bücherskorpione. Neue Brehm Bücherei; A. Ziemsen Verlag Wittenberg


    Zur Buchliste weiterer interessanter Spinnen- und Pseudoskorpion-Bücher auf www.natur-in-nrw.de

    Weitere Informationen zu Pseudoskorpionen (Pseudoscorpiones) im Internet

    Arachnologische Gesellschaft e. V. - Nachweiskarten der Spinnentiere Deutschlands (inkl. Pseudoskorpionen

    Arachnologische Gesellschaft e. V. - Blick, T., C. Muster & V. Duchác( (2004): Checkliste der Pseudoskorpione Mitteleuropas. Checklist of the pseudoscorpions of Central Europe. (Arachnida: Pseudoscorpiones). Version 1. Oktober 2004.

    Informationszentrum zu Chemie, Biologie und verwandten Gebieten im Internet: Links zu Fotos und Texten zu Pseudoskorpionen

    Tierdoku.com: Naturlexikon mit Artikel über Pseudoskorpione (mit Fotos)

    Wikipedia: Fotos von Pseudoskorpionen und kurzer Informationstext


    Zur Linkliste weiterer interessanter Spinnentier-Internetseiten auf www.natur-in-nrw.de